Heimat

 

Hat es sehr Weh getan? – fragt meine Therapeutin. Was denn? – Die Anpassung.

Stille. Langsam nehme ich dieses immer vorhandene unangenehme Gefühl wahr, einen ewigen Druck auf der Brust, latent und diffus, ist das ein Schmerz?

Ich horche in mich hinein, das dumpfe Gefühl wird etwas klarer, Sehnsucht spüre ich, die Tränen kommen, ich will nach Hause denke ich, ich will endlich nach Hause, oh Gott, mir ging es gut und jetzt muss ich auf einmal weinen, mach ich aber nicht -  ja, ich fühle mich hier fremd, auch in den schönsten Momenten spreche ich eine fremde Sprache, ob ich hier heirate, Kinder kriege, glücklich oder unglücklich werde, bin ich immer nur ein Teil von mir, weil der andere die Sprache nicht versteht, alles ist ihm fremd, die Gerüche, die Geschmäcker, die Bilder. Das innere Kind ist zweitausend Kilometer entfernt und fühlt sich ziemlich alleine. Es wurde ohne ihn entschieden, das erwachsene Ich verfolgte ihre Pläne.

Zu Hause sein, heißt ganz sein – denke ich jetzt. Wahrscheinlich.

Ja, das hat sehr wehgetan – die Antwort kommt fast automatisch – ist mir gar nicht aufgefallen. Sie nickt – Aha. Sie machen aber einen Film darüber.

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10 Antworten auf Heimat

  1. Boris Kálnoky sagt:

    Also das Bild oben ist einerseits so köstlich, anderseits angesichts des auffällig hineinkomponierten Gemüses über dem Kopf der BH-Trägerin so konstruiert, dass es aus einem Film sein könnte – Bingo, ich bin Fan einer neuen FB-Gruppe.

  2. Esra sagt:

    p.s. ach ja, das Bild ist soo toll!!!! Strahlt irgendwie eine unglaubliche, entspannte Gemütlichkeit aus!!

  3. Esra sagt:

    Hmm. Zuhause ist es aber auch nicht immer schön… Was ist, wenn man sich Zuhause fremd fühlt? Dann hat man nicht mal ein “Alibi”…
    Wenn ich ans Zuhause denke, denke ich an die schönsten Momente dort. Ich versuche mir klarzumachen, dass es eine Illusion ist… Denn es gab auch ganz andere, schlimme Momente…
    Es wäre am Besten, man hätte Zuhause in sich drin, oder?
    LG
    Esra

  4. Sherry sagt:

    Réka. Ich verstehe Dich so gut. Es tut weh, das hier zu lesen, weil ich Dich so gut verstehe. Ich war viel jünger als Du, als ich hierhin kam, trotzdem. Es ist, als würde ich mich in eine Passform drücken, in die ich nie passen werde. Egal, wieviele Amputationen ich vorgenommen habe. Dieses Gefühl, es ist dick in Hals und Bauch. Ich habe hier eine Geschichte für Dich. Ähnlich wie Deine. Ich widme sie nun Dir. Hoffentlich nimmst Du sie an: Obst und frische Kräuter

  5. Boris Kálnoky sagt:

    So schön gesagt. Mein Herz steigt wie ein junger Falke in die Luft.

    —- Änderst Du dich eigentlich? Ich denke es ist so eng daheim.

    • Réka Kincses sagt:

      Hier ist es auch eng. Ich glaube, in mir drin ist es ziemlich eng, die gute alte Enge reist fröhlich mit. So gesehen kann man prinzipiell immer gleich zu Hause bleiben.

      • Boris Kálnoky sagt:

        Guter alter Réka-Esprit. Es stimmt schon, es ist wie ein Tarkowski-Bild, wo immer man ist, ist man in der Welt, die einen geprägt hat. Ich kann übrigens nicht mitreden, habe ja nie eine Heimat gehabt, hätte nur gerne eine.

  6. Beatrice sagt:

    Liebe Réka, ach, wenn das so einfach wäre. Auch wenn ich meine Heimat hier nur zeitweise verlassen habe, so hat auch mir die Anpassung an das Erwachsensein mit unter wehgetan. Ich weiss nicht, ob es nur ein Sache des Sprachraumes ist, in dem wir uns eingebettet fühlen. Auch empfinde ich dich nicht als angepasst, eher kindlich und widerborstig. Schön so, aber wie wärst du, wenn du in deiner Sprache, deinen Erinnerungen und Gerüchen verhaftet geblieben wärst? Eine andere Réka?

    • Réka Kincses sagt:

      Die Sprache, die Muttersprache, ist eine nicht zu unterschätzende Macht. Aber ich habe habe sie auch unterschätzt -:)

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