Hausdrachen Biographie

Réka sitzt beleidigt im Garten

Hausdrachen, kurz bevor sie entführt wurde

Als Hausdrachen klein war, lebte sie auf dem Grund eines braunen, bärenförmigen Salzsees, in der Mitte von transsilvanischen Wäldern. Am Ufer stand eine beeindruckende Badeanstalt mit hunderten von Fenstern, Treppen und Holzkabinen und direkt am Eingang hing eine Tafel mit einer langen Liste von Krankheiten, die dieses Wasser heilen konnte. Es desinfizierte alle Wunden,  tötete alle Bakterien ab, ließ Rheuma, Gicht und Demenz verschwinden und verwandelte unfruchtbare Frauen in Gebärmaschinen.

Hausdrachen war damals noch ein kleines Mädchen, die von dem Drachen dieses Sees entführt wurde. Er war ein ausgewachsener männlicher Drachen, liebevoll und nett. Nur frei ließ er sie nicht. Sie lebte mit ihm am Wassergrund und sah keine Chance zu entkommen.

Durch das dicke Wasser konnte sie beobachten, wie die Kranken stundenlang in einer langen schmalen Schlange vor den Kasse anstanden, unter ihren Füßen dellte der heiße kommunistische Asphalt langsam ein. Als sie noch frei war, konnte Hausdrachen ihren Fußabdruck zwischen abertausenden von Fußabdrücken ausfindig machen und fühlte sich sicher. Sie trug meistens ein rotes Trägershirt und Kniehosen, und hatte Badesachen unterm Arm. Bis sie sich eines Nachts in dem Schloss des Seedrachens widerfand.

Hausdrachen litt heftig unter Heimweh. Häufig sah sie ihre Mutter, wie sie sich am Seeufer sonnte, im gelben Bikini, braun gebrannt. Doch sie konnte Hausdrachen durch das dicke Wasser weder hören noch sehen, egal, wie laut und verzweifelt sie rief. Und so konnte sie ihr auch nicht helfen.

Wann und wie Hausdrachen vom Seemonster befreit wurde weiß ich nicht so genau. Aber irgendwann Ende Dezember 1991 tauchte sie an der ungarisch-tschechischen Grenze auf und hatte keinen Einreisevisum. Dem Beamten erklärte sie, dass sie unbedingt in Prag Sylvester feiern möchte und wurde schließlich durchgelassen.

 

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