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hausdrachen . házisárkány » rückwärtsgewandt https://www.hausdrachen.net Hysterische Frauen an die Macht! . Hatalmat a hisztérikus nőknek! Thu, 31 Mar 2016 13:42:37 +0000 en hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.1.3
Mütter https://www.hausdrachen.net/2012/09/16/mutter/ https://www.hausdrachen.net/2012/09/16/mutter/#comments Sun, 16 Sep 2012 10:05:01 +0000 Réka Kincses http://www.hausdrachen.net/?p=387 Weiterlesen ]]>

„Mama, ich bitte dich…Mama hör bitte auf.“ – sagte meine Mutter, dreiundzwanzig Jahre alt und ihre Tränen flossen unaufhörlich, sie kniete auf dem Boden, die Hände zusammengefaltet wie vor dem Altar und bettelte um Gnade. Hinter ihr, durch die verglaste Tür und die dünnen, weißen Vorhänge war eine Gestalt zu erkennen, die eines jungen Mannes, leicht über den Esstisch gebeugt, wie jemand, der gezwungen ist mitzuhören.

Großmutter, klein und stämmig, mit riesiger Nase und niedriger Stirn, immense Kraft geballt auf schrecklich kleinem Platz, diese armenische Generalin stand in der Mitte des Schlafzimmers und schrie. „Er soll gehen! Raus mit ihm! Dieser Mann hat hier nichts zu suchen! Ich will ihn nie wieder sehen!“

Ihre Stimme rutschte viel zu hoch, ein Schrei aus dem Kopf, aus dem zitternden Hals, ohne Bauch, ohne Becken, ein Klagelied am Grabstein der Liebe.  Sie sah ihrer wimmernden Tochter zu, durch einen Schleier voller Ungerechtigkeit und Verzweiflung, ratlos warum sie nichts empfand, warum ihr Herz hart war wie die Felsen des Kaukasus oder die Hornhaut auf der Fußsohle ihrer Vorfahren, den armenischen Knopfhändlern, Flüchtlinge vor türkischer Gewalt. Sie waren aus Anatolien durch den halben Balkan nach Transsilvanien gewandert, um von einem ungarischen Fürsten Asyl zu bekommen.

„Mama, hör bitte auf!“ flüsterte meine Mutter und der junge Mann bewegte sich, nahm seinen Mantel und verschwand wortlos für immer. Er hinterließ sie auf dem dunklen Perserteppich kniend, zwischen ihr und dem lieben Gott die geschwollenen Füße ihrer Mutter. Knotige Zehen in weiße Sandalen gepresst, Beulen und Schmerz.

Meine Großmutter litt Qualen bei jedem Schritt, wie eine gealterte kleine Seejungfrau, die das Beste von sich schon lange an die böse Hexe verkauft hatte, und sich weigerte, Meeresschaum zu werden, obwohl der geliebte Prinz sie nie erkannt hatte.

Lieber quälte sie ihre Tochter.

Und die später ihre.

Und jetzt habe ich auch eine Tochter…

 

 

 

 

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Siebzehn https://www.hausdrachen.net/2012/09/10/siebzehn/ https://www.hausdrachen.net/2012/09/10/siebzehn/#comments Mon, 10 Sep 2012 11:15:21 +0000 Réka Kincses http://www.hausdrachen.net/?p=381 Weiterlesen ]]> „ Ich liebe dich!“- brüllt er und schlägt mit voller Kraft zu, ich halte mein Gesicht fest, es ist so, als wäre mein Kopf gerade gegen den Asphalt geknallt, aber ich stehe noch.

Ein Moment leuchtende Stille, silbern und unendlich, die Straße verschwindet, die Masse, das Grölen, die Männer mit den Knüppeln, alles geht in diesem Glänzen auf, etwas in mir lacht, ein lautes, breites, herrliches Lachen, und Felix schlägt noch mal zu, seine Fingerabdrücke brennen wie Feuer in meiner Haut.

Es tut nicht wirklich weh, ich fühle eher Erleichterung.

Es kommt endlich raus, diese Gewalt, die ganze barbarische Brutalität, die geballte balkanische Wut unterdrückter, schlecht verdienender Männer, von der Diktatur bevormundet, stets besoffen und nach Schweiß riechend, in ausgebeulten Hosen. Männer, die nie was anderes erlebt haben, als den dreckigen, verarmten Polizeistaat mit seiner Hirnwäsche. Drei Monate nach der „Revolution“, die uns allen die tolle Befreiung bringen sollte, stecken wir tiefer in der Scheiße als je, und nichts, aber auch gar nichts wird bestehen bleiben, die alte Welt zerfällt gerade vor unseren zerschlagen Augen. Besoffene Bauern mit Heugabeln, verblendete Intellektuelle, rassistische Polizisten, Militärs und Priester, alle werden dazu beitragen, dass es ganz schlimm wird. Vierzig Jahre lang stand alles still, eine Welt, in der meine Mutter im gleichen Haus alt werden konnte, in dem sie geboren war, selbst die Ritzen im Asphalt und die Farbe an den Wänden blieben immer dieselben, sie verblasste allmählich oder blätterte ab, und der alte Gipsy an der Ecke mit seinen Esskastanien wurde immer älter, war aber immer noch da. Heute hat er auch einen Knüppel in der Hand oder eine Zaunlatte, um auf etwas einzuschlagen, egal auf was, Hauptsache es knallt. Es ist März 1990 in Rumänien, kurz vor einer nationalistischen Eskalation, und ich bin siebzehn.

„Du  bist so hart… Mann bist du hart.“ – Felix weint fast, er ist außer Atem, als hätte er sich selbst geschlagen. „Ich habe Dich überall gesucht, ich dachte du wärst schon tot“-„ „Ich war spazieren“ – sage ich. „Spazieren im Blutbad?“  - fragt er, seine grüne Dacia steht mit offener Tür am Straßenrand, der Motor läuft,  ich höre die Masse grölen, die Sirenen der Krankenwagen , die Schreie. Leute rennen an uns vorbei, sie haben Knüppel in der Hand. „Weißt du wessen Tochter du bist? Sie jagen deine ganze Familie und du gehst spazieren?“ – Er packt mich am Arm und zerrt an mir, in seinen schönen blauen Augen Hass und Verzweiflung. Ich lach mich tot, denke ich, wenn das  Liebe ist, und lache tatsächlich. Ich weiß, dass ihn das wahnsinnig macht, dieses Rumkichern, während das Blut aus der Nase tropft. Meinen Vater konnte ich damit auch verrückt machen, dass ich lachte, als ich hätte weinen müssen.

„Du bist nur neidisch, weil dein Papa ein dreckiger Spitzel war“ -sage ich, wenn schon, denn schon, er soll seine Gründe haben, wenn er schon so wütend ist –  „ … Ein Scheißsecurist ist er!“

Felix bekommt es mit dem Zittern zu tun. Er brüllt noch lauter:

„Das stimmt nicht!“

„Nicht? Und wieso habt ihr immer einen Reisepass bekommen um in Hawaii Urlaub zu machen, während andere drei Jahre auf einen Betriebsausflugfahrt warten mussten? Hm?“

„Weil mein Vater ein international bekannter Wissenschaftler ist! Weil… weil er auf Konferenzen eingeladen wurde, und…“

Ich weiß, dass er selber nicht glaubt, was er sagt. Gegen seinen Vater gab es eine Studentenrevolte, keiner wollte mehr von ihm unterrichtet werden, er stand für das Alte und Korrupte, für die Leute, die das alte System skrupellos bedienten, um Vorteile zu haben, und Felix nahm an den Protesten teil, um nicht als Arschloch dazustehen. Leider stand er dann erst recht als Arschloch da. Bei uns sind Leute, die ihre Eltern nicht achten, noch schlimmer als Securisten.

„Du bist ein Vaterverräter!“ – sage ich, und er schlägt wieder zu, ihm fließen die Tränen, mir Blut aus der Nase. Ich bin entschlossen, weiterzureden bis ich tot bin.

„Und du tust das auch nur um Vorteile zu haben, obwohl du das mit der Securitate gar nicht glaubst. Du redest deinen Vater schön und stehst trotzdem nicht zu ihm! Feigling eben!“

Er holt wieder aus, als drei Männer stehen bleiben, zwei davon mit Knüppeln  in der Hand und einer mit Zaunlatte.  „Halt , halt langsamer sonst kann’s weh tun!“ – brüllt der größere von ihnen, und läuft drohend auf Felix zu. Der Felix hält erschrocken inne. Die Männer sind von der allgemeinen Lynchstimmung erfasst. Es sind drei Ungarn, unterwegs zum Hauptplatz, um sich mit Rumänen zu prügeln.

Der Anführer der Gruppe guckt mich an: „Ist er von der Securitate?“ – fragt er. Ich schüttele den Kopf: „Nein, nein, er ist auch  Ungar, wie wir, lasst ihn  in Ruhe“ Der Mann schaut mich misstrauisch an: „Und was habe ich da mit der Securitate gehört?“  Er tritt näher und schwingt seinen Knüppel. Felix bekommt einen roten  Kopf. „Es ist nur ein Privatstreit“,  sage ich hastig.  „Er hat nix mit der Securitate zu schaffen,  er schlägt nur seine Freundin.“  Der Mann entspannt sich, ich sehe in seinen Augen einen  Anflug von Mitgefühl. Er tritt ganz nah an Felix ran und schaut ihm in die Augen: „Ein Ungar schlägt niemals seine Frau … Verstanden?“ – Felix nickt eingeschüchtert. Der Mann ist zufrieden und dreht sich zu seinen Freunden um. „Gut. Jungs, wir können…“ – und sie gehen mit schwingenden Knüppeln weiter in Richtung Hauptplatz, um Rumänen zu schlagen.

Ich drehe mich auch um, laufe weg und weiß, dass Felix mich gleich wider einholen wird. Er ist keiner der aufgibt. Und ich weiß auch, dass er keine Chance hat, weil ich, wie man auf ungarisch so schön sagt, keinen gelochten Pfennig auf die Liebe gebe. Sein Papa wurde von der Uni verjagt, weil er ein Spitzel war, während mein Papa sein Leben riskiert hat im Widerstand. Darauf bin ich stolz. Das gibt mir Kraft. Und die Liebe kann mich mal.

 

 

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Keine königliche Hochzeit https://www.hausdrachen.net/2011/05/02/keine-konigliche-hochzeit/ https://www.hausdrachen.net/2011/05/02/keine-konigliche-hochzeit/#comments Mon, 02 May 2011 14:49:57 +0000 Réka Kincses http://www.hausdrachen.net/?p=100 Weiterlesen ]]> Wie ein Indianerhäuptling vor der Schlacht, steht meine Mutter mitten in der Küche, stark geschminkt, ihre Backen knallrot, ihre Lippen auch. Die Augen glänzen Türkis, die Haare sind toupiert. Sie bietet den Gästen lächelnd Schnaps an. Herr Sabadka, ein Mann um die fünfzig, grade aus Frankreich angekommen, ganz in Jeans, streicht über seine angenehm weißen Haare, über seinen eleganten Schnurrbart, als würde er die richtigen Worte finden wollen. Neben ihm steht sein Sohn Philip (21), mit gesenktem Kopf. Er trägt Jackett, gebügeltes Hemd und Seitenscheitel. Dankbar greift er nach dem Schnaps und trinkt es mit einem Zug aus. Herr Sabadka erzählt von seinen ungarischen Vorfahren, er sagt zwischendurch ein paar Worte auf Ungarisch. Meine Mutter lächelt ermutigend und kann ihre Überraschung über den Besuch kaum verbergen. Es ist Anfang der Neunziger, Rumänien, und es passiert selten, dass jemand aus Frankreich einfach so zu Besuch kommt. Herr Sabadka und sein Sohn waren schon mal da, direkt nach Ceausescus Hinrichtung, mit einer Hilfsorganisation. Danach hatte ich nur noch zum Sohn Kontakt.

Vor den rosa Kacheln auf der zerkratzten Arbeitsfläche liegt die Lokalzeitschrift mit vielen kleinen, giftgrünen Pyramiden darauf. Philip vertieft sich in den Anblick dieses wundersamen Bildes. Nach ein paar Sekunden betretener Stille fragt Herr Sabadka, ob meine Mutter etwas über die Hochzeitspläne ihrer Tochter wüsste. Meine Mutter schüttelt überrascht den Kopf und schaut Philip an, der seinen Blick nicht von den grünen Dingern lösen will. Er fragt was das sei. Angadjabur, armenische Spezialität – antwortet meine Mutter, dankbar für die Ablenkung – man lässt die Milch 3 Monate stehen, und wenn sie dunkelgelb ist und ganz dick, dann werden 4 Kilo Sellerie dazu gemischt und Petersilie und es wird tagelang gekocht, es riecht stark und es muss permanent gerührt werden – Herr Sabadka lächelt ein wenig ungeduldig. Meine Mutter greift nach dem Zigarettenschachtel. Ich sei nicht zu Hause, sagt sie, ob sie mich anrufen sollte. Herr Sabadka nickt.

Ich sitze am Tisch und fühle mich als würde mir jemand an beide Ohren gleichzeitig ziehen. Durch die Glasscheibe sehe ich unseren kleinen Garten, die Nachbarin zupft an dem dicht bewachsenen Blumenbeet. Herr Sabadka doziert leise und geduldig darüber, dass heiraten ohne Liebe falsch sei. Philip fixiert den Boden. Seine lange, spitze Nase ist jetzt noch länger geworden, er hat was von Pinocchio und ich freue mich darüber, dass zumindest mir beim Lügen nicht die Nase wächst. Philip sollte mich heiraten, damit ich nach Frankreich auswandern kann, das hatten wir in den letzten Wochen miteinander vereinbart, wir trafen uns paar Mal in Budapest, Philip wollte mit mir in die Oper. Wir hörten Prinz Blaubart von Bartók, es war unerträglich und symbolisch zugleich, ich trug Kleid, Schuhe und Mantel von verschiedenen Freundinnen geliehen, die Schuhe zu klein, der Mantel zu groß, es drückte, ich fand mich hässlich und langweilte mich. Ich dachte darüber nach, was man als junge Frau aus Rumänien auf sich nehmen muss um nach Frankreich zu gelangen… Dann waren wir in der Burg spazieren, Fischerbastei, Touristenparadies, Weinkeller. Zum Glück wollte er mich nicht nach Hause begleiten, ich war in einer Wohnung bei Freunden, im 8. Bezirk untergekommen, Mitten im Rotlichtviertel, Nutten an jeder Straßenecke, fünf Siebenbürger in zwei Zimmern zusammengepfercht. Lacika und Tibike hatten einen Bücherstand und gingen arbeiten. Emese, Rituka und ich, wir saßen den ganzen Tag in der Wohnung und hörten Tracy Chapman. Ich hatte nicht lange zuvor die Uni geschmissen, die Schnauze voll von allem träumte ich von einem mondänen Leben in Paris. Oder so. Philip erzählte ich, dass ich unbedingt Mittelalterwissenschaft in Frankreich studieren wolle. Das fand er, als Sohn eines alten Adelsgeschlechtes, mit Hang zu allem Altmodischen, ganz toll. Es war meine Intuition, die mir immer die richtigen Eingebungen schickte und bald war Philip überzeugt. Er wollte sich sicher sein, dass die Frau, der er hilft, der Hilfe wirklich „Wert“ ist. Das konnte ich ihm weismachen.

Jetzt merkte ich, dass er mir nicht in die Augen gucken mag. Sein Vater redet weiter über die heilige Institution der Ehe, und ich denke darüber nach, dass jeder verwöhnte Wessi ein Stück von seinem schlechten Karma ausgleichen könnte, in dem er tolle junge Ost-Europäerinnen zu einen ordentlichen Staatsbürgerschaft verhilft. ICH habe schließlich die Arschkarte gezogen mit so einem Land, wie Rumänien wo man immer Uniform in der Schule tragen musste, ein weißes Gummiband in den Haaren, auf keinem Fall hinter den Ohren sondern ausschließlich vor den Ohren, um am Nachmittag mit tiefblauen Druckstellen und Kopfweh nach Hause zu gehen, Parteigedichte mussten wir auswendig lernen, so, dass ich jedes Mal eine mehrwöchige Halsentzündung bekam, und nicht mehr reden konnte, ich sollte meine Mitschüler verpfeifen, die mir geholfen haben und wenn ich das nicht tat, dann sollte ich vom Gymnasium fliegen, und ich tat es nicht und ich flog vom Gymnasium, und keine andere Schule wollte mich nehmen und ich sollte in der Fabrik arbeiten mit siebzehn und sollte keine Abitur machen und nicht studieren, weil ich aufmüpfig war…. Dabei hatte ich Dostojewski gelesen und Hrabal und Borghes und Platon und Aristoteles und konnte stundenlang über den Sinn des Lebens dozieren, schon mit zehn. Nix mit Jugendkultur und so, Mickeymouse T-Shirt und Poppermode und Bravo und Austauschjahr in den USA.

Sabadka redet weiter. Warum möchtest du… – dabei schaut er mich intensiv an und sein Blick hat so einen leichten Testosterontouch und ich weiß, dass er seine Familie verlassen hat, dass seine neue Frau blutjung ist und ich glaube ihm keinen Wort darüber, was er über die Liebe faselt, und auch sonst gar nichts, er ist ein Graf, er hat hier in Siebenbürgen auch nur in Schlössern gelebt und dann in Amerika und wasweissichwo, er ist ein hohes Tier bei einem Weltkonzern und sein Büro liegt im Zentrum von Paris im siebzehnten Stock. Unsere Küche mit dem Linoleum und das Neonlicht, das kleine Haus, ist mir ganz Gegenwärtig, es drückt überall, ich spüre das Blut meiner Vorfahren , die armenischen Knopfhändler mit ihrem legendären Geiz und Kleinkariertheit und die ungarischen Bohéms die alles versoffen haben, ich spüre die Enge in meinen Knochen, ich habe hier keine Perspektive, ich will hier raus!

Warum möchtest du ein so wunderbares Land, wie Rumänien verlassen? – fragt Sabadka mit zuckersüsser Stimme- Das es hier nichts gibt, genau das ist das interessante! Das was unten ist, kann man noch erheben, was schon oben war, kann nur noch fallen. Es gibt so viel zu tun hier. In diesem Land kann ein Mensch seine richtige Berufung finden, seine richtige Lebensaufgabe. In Frankreich, dort hat man schon alles fertig, dort braucht man niemanden mehr. Selbst so eine schöne, gebildete, talentierte junge Frau wie dich, braucht man dort nicht. Glaub’s mir.

Philip schaut hoch. Sein Blick ist traurig und erleichtert zugleich. Ich höre die Stimme meiner Mutter, die sagt: „ Machen sie sich keine Sorgen. Sie heiraten nicht… möchten sie ein bisschen von der Angadjabur mitnehmen?“. Sabadka nickt unschlüssig.

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Arabella https://www.hausdrachen.net/2011/03/27/arabella/ https://www.hausdrachen.net/2011/03/27/arabella/#comments Sun, 27 Mar 2011 07:43:42 +0000 Réka Kincses http://www.hausdrachen.net/?p=80 Weiterlesen ]]> Ich nenne sie Arabella. Sie ist zehn Jahre alt, die jüngste in der Familie. Es gibt eine lange Liste von Sachen, die Arabella in ihrem kurzen Leben schon verweigerte. Sie wollte zum Beispiel nicht lesen lernen. Und schreiben auch nicht. Ihre Eltern zwangen sie zum Nachhilfeunterricht damit sie nicht auf eine Sonderschule muss. Arabella ist ein sonderbares Kind. Sie wiegt immer zwei Kilo weniger, als die Grenze zum Untergewicht. Sie hatte schon die Muttermilch ausgespuckt. Die Ärzte sind in Panik geraten, weil sie gar nichts essen wollte. Sie lag Wochenlang im Brutkasten, die Augen immer offen, die Nase riesig, wie von einem Erwachsenen. Sie sah nicht wie ein Säugling aus und wurde über Schläuche ernährt. Die Krankenschwester fanden sie unheimlich. In der Nacht hat sich keiner in den Raum getraut, wo sie lag, weil sie jeden anstarrte. Ihr Blick hatte die Wachsamkeit eines Wesens mit vollem Bewusstsein und ohne jegliche Erfahrung. Sie schien nie zu schlafen. Krank war sie auch nicht. Sie weigerte sich.
Später, als kleines Mädchen, beschäftigte sich Arabella nur mit sich selbst. Sie freundete sich mit niemandem an und kommunizierte kaum. Ein angenehmes Kind für die Familie, die es sowieso lästig fand sich mit Kindern zu beschäftigen.
Das erste Ding, woran Arabella reges Interesse zeigte, war das Sterbebett ihrer Oma Gertrud. Gertrud regierte jahrzehntelang diese Familie, und ihr Regime war eine Diktatur. Sie wurde von der ganzen Familie gehasst. Als Gertrud am sterben lag vermieden die Leute ihren Zimmer und warteten darauf, dass es endlich vorbei ist. Es blieb aus ihr auch nicht viel mehr, als ihre Nase übrig. Sie magerte ab, fast bis zum Unsichtbarsein und verlor jegliches Gedächtnis. Manchmal lag sie tagelang unbewegt da. Es stank höllisch um sie herum.
Arabella stellte sich zu ihrem Bett und kämmte ihre Haare. Gertrud hatte einen ungebrochenen, unbändigen Haarwuchs bis zum letzten Moment, als wäre die ganze Lebenskraft in die Haare gewichen. Arabella redete zu ihr und beantwortete ihre Fragen, die sie nicht mehr stellen konnte. Als Gertrud paar Wochen später starb, wusch sie Arabella mit einer der Krankenschwester zusammen und puderte ihr Gesicht, während die Familie draußen laut aß und feierte.
“Ich habe die Oma sehr lieb gewonnen” –  sagte sie später. “Warum das denn, sie war doch nie lieb zu dir!” – wunderte sich ihr Vater. Ja, aber ICH war lieb zu ihr- sagte Arabella und aß ein Butterbrot.

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