Ich habe ihr mal einen schwarzen Regenmantel geschenkt und eine Baskenmütze – da sah sie aus wie eine französische Existentialistin, die Busenfreundin von Sartre – und ich ließ uns ausgefallene Käsesorten einpacken, an diesem Nachmittag fühlten wir uns wie echte Franzosen, wir hätten den Sprung fast geschafft, aber der Mantel verschwand schnell in dem schwarzen Loch, das meine Mutter ihren Schrank nennt und denKäse traf ich Wochen später auf dem Flur wieder, er war in Vergessenheit geraten wurde lebendig und forderte seine Persönlichkeitsrechte ein. Der Speck und die Zwiebeln hatten ihn restlos verdrängt.
Mutter fragt plötzlich ob wir nicht kurz am Flohmarkt halten wollen. Das ist ein Kunstmarkt, korrigiere ich. Mein Mann zieht die Vollbremse und sagt – geht ruhig, ich warte hier im Auto auf euch. Wir steigen im strömenden Regen aus, zücken den lila Regenschirm und waten als die einzigen Besucher des Kunstmarktes durch die Pfützen. Chinesische Adidaschuhe würden auch den Atomkrieg überleben. Überall liegen die Reste bürgerlichen Lebens, Damastdecken, Porzellangeschirr, Bettwäsche mit Signatur, Püppchen, Statuetten, Lämpchen. Meine Mutter seufzt. Am Ende bleibt nach jedem Leben nur Müll übrig – sagt sie, und ich widerspreche ihr vehement. Sie kauft sich ein nagelneues Armband mit durchsichtigem und rotem Strass und zieht es an zu den roten Korallen.
Als wir wieder im Auto sitzen, schaltet mein Mann den Motor an und fährt quer über die vierspurige Straße zum Mittelstreifen, macht eine spitze Kurve und kommt rechtzeitig noch vor zwei LKW-s auf die andere Seite.
Meine Mutter atmet laut durch: “ Siehst du, deswegen haben die Deutschen den Zweiten Weltkrieg gewonnen” – sagt sie bedeutungschwanger. Wir schauen erstaunt nach hinten. – “Ääääh, hätten gewinnen sollen…“