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hausdrachen . házisárkány » Motherless Child https://www.hausdrachen.net Hysterische Frauen an die Macht! . Hatalmat a hisztérikus nőknek! Thu, 31 Mar 2016 13:42:37 +0000 en hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.1.3
Richie https://www.hausdrachen.net/2013/04/23/richie/ https://www.hausdrachen.net/2013/04/23/richie/#comments Tue, 23 Apr 2013 19:30:46 +0000 Réka Kincses http://www.hausdrachen.net/?p=431 Weiterlesen ]]> Und dann war das so, dass wir die Platten hörten, die unsere Eltern gehört hätten, wenn sie im Westen gelebt hätten. Die Stones, Jim Morrison und Woodstock. Unsere Eltern kannten das alles nicht, für mein Vater fängt Rock´n roll mit Elvis an und hört auch mit ihm auf. Meine Mutter schwärmte nie für eine Band, außer für die Jazzcombo ihrer ersten Liebe, einem Medizinstudenten, der nach Partys statt Tschüss zu sagen regelmäßig aus dem Autofester kotzte.

Trotzdem hatte es Achtundsechzig nicht nach Rumänien geschafft. Auf die dreißiger folgten bei uns direkt die neunziger. Dazwischen spielte mein Großvater „Ochi Chernye“ auf dem Klavier. Die Familie sang zu jedem Fest mit Tränen in den Augen und Schnaps im Blut „Irgendwo in Russland“ oder „Umsonst fliehst du“, von einer undefinierbaren Sehnsucht ergriffen, in die Ferne starrend, und dachte dabei an den Krieg, oder an Trianon, an die Scheißkommunisten oder daran, dass wir Ungarn einst groß waren und jetzt klein sind, wie ein mongolischer Pferdefurz, dass uns jetzt die Rumänen den Marsch blasen, oder die ungebildeten Prollgesichter und, das alles, was früher schön und stark war, jetzt kaputt oder tot ist, enteignet, oder ins Arbeitslager gesteckt, mit Bulldozern angefahren oder in den Westen vertrieben.

Die Zeit ist stehen geblieben, in dem Moment, wo mein Großvater um sein Leben Klavier spielte, ein Gelegenheitsbarpianist und verletzter Offizier in fremder Kleidung, Vater von drei Kindern, um ihn herum das zertrümmerte Budapest und sechs russische Offiziere, sturzbesoffen und von Heimweh geplagt, in Kriegsgefangenen – Sammellaune. Ich kann Klavier spielen, sagte er ihnen, weil er einen verlassenen Flügel sah, auch russisch? – wollten die wissen und er spielte russische Lieder die ganze Nacht und den ganzen Morgen, so lange, bis sie ihn gehen ließen.

Ich persönlich wechselte von Katalin Karády direkt zu Woodstock, als ich paar Jahre vor der Wende David kennen lernte. Seine Mutter, eine Kostümbildnerin, die gerne verschiedenfarbige Schuhe anzog um das Kleinstadtvolk zu schockieren, wanderte nach Amerika aus und schickte ihrem Sohn fortan Care-Pakete mit Schallplatten und Pin up Girls.

David sah wie ein Caravaggio-Jüngling aus und war sehr einsam. Er hatte zwei Kinderzimmer, in zwei Häusern, beide riesig, insgesamt vier Eltern und trotzdem keine Mutter. Bei seinem Vater, einem Bildhauer, bewohnte er eine ganze Etage mit Dachfenster, in Rumänien damals ein fast provokanter Nonkonformismus, als könnte man durch eine Dachschräge einfacher nach Paris emigrieren.

David trug Lederstiefel, Lederhose, Lederjacke und Lederhemd, alles selbst genäht von ihm, seinem Vater und irgendwelchen Frauen, die wie Hippies aussahen und bei denen im „Atelier“ wohnten. Dieser Lederkult hatte nichts mit Bayern oder Volkstümlichkeit zu tun, das war nur der verzweifelte Versuch eines siebenbürgischen Bildhauers an Geld zu kommen, ohne den sozialistischen Realismus zu bedienen.

Wenn ihn sein Vater zu sehr nervte, zog David zu seinem Stiefvater. Er ist oft hin- und hergezogen. Dort war sein Zimmer zwar kleiner, aber dafür gab es überall Geweihe an den Wänden und Hirschsalami. Der Stiefpapa war Tierarzt und ein leidenschaftlicher Jäger. Er wohnte in einem großen Jugendstilhaus in der Innenstadt und hatte eine riesige Pfeifensammlung.

Wir konnten dort von Kopf bis Fuß in Leder angezogen, Pfeife rauchend die Woodstock Platten hören. Ich aß tütenweise Kokosraspeln, welche Davids Mama aus Amerika zum Kuchen backen schickte. Küssen konnten wir uns nicht, weil mein Mund immer voll war.

David fand Joan Baez ganz toll. Ich fand sie langweilig. Er gab den feingeistigen Musikkenner und ich die musikalische Analphabetin, die nur auf starke Reize und schnelle Rythmen reagiert.

Doch es gab einen, den wir beide ganz toll fanden. Richie Havens. Oder, wie ich ihn mangels Englischkenntnisse Jahre lang nannte: Richie Heaven.

Immer, wenn er sein Lied anstimmte, sprang ich auf und fing an wie verrückt zu tanzen.

Sometimes I feel  like a motherless child.

David hatte seine Mutter schon seit Jahren nicht gesehen. Er blieb sitzen und schloß die Augen.

Guitar Mic please. Guitar mic – sagt Richie Havens und das Lied baut sich auf, wie eine einzige, riesige Welle auf glattem Meer.

Wir verstehen nur MOTHERLESS CHILD. Und FREEDOM. Und I FEEHEEHHEEHEEL.

Meine Bewegungen werden jedes Mal zu Zuckungen um am Schluss in einem epilepsieartigen Anfall zusammenzubrechen, mit Schaum um den Mund.

Motherless Child. Yeyeyyyeyeyyeeee.

Atmen. Keuchen. Auf dem Boden liegen. Dann nach der Tüte mit den Kokosraspeln greifen. David wischt seine Tränen ab. Wenn ich keine Kokosraspeln hätte, würdest du mich gar nicht lieben, sagt er.

Am Abend sind die Straßen leer. Wenig Leute, viele Polizisten. Jeder kann uns anhalten. Diejenigen, die die Schule nicht schwänzen, haben gerade Werkunterricht und müssen täglich hundertfünfzig Nägel anspitzen.

Lasst die Rolläden runter, wenn ihr so laut diese Musik hört, brüllt der Stiefvater, und versucht gegen Richie Havens anzukommen, gegen diesen dünnen Streifen auf der Woodstockplatte, der um Etagen tiefer liegt als alle anderen, weil wir ihn ständig hören.

Am Montag ist Richie Havens gestorben.

Er ist jetzt Richie Heaven.

Hoffentlich.

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