Mein Schatten ist blond

Ich habe geträumt, dass ich mit Til Schweiger befreundet war und wir uns richtig gut verstanden. Es war kein Alptraum.
Wir unterhielten uns über Drehbücher und irgendwie waren wir einer Meinung. Das hat mich schon im Traum so sehr erstaunt, dass ich Schwierigkeiten hatte weiter zu träumen. Auf jeden Fall war ich glücklich und dieses Glück konnte selbst die Blondine nicht beeinträchtigen, die später im Traum auftauchte um ihn abzulenken. Ich bin gut gelaunt aufgewacht. Dann kam der erste Gedanke: warum träume ich ausgerechnet von Til Schweiger, und nicht zum Beispiel von den Coen Brüdern, die ich so verehre? Oder von Tarkovski, den einzigen spirituellen Filmemacher der Welt? Wieso von Til Schweiger mit seinen raschel-raschel* Möchtegernkomödien in Werbeästhetik? Das gab mir zu denken. Die Verwirrung wuchs nur, als ich vor dem Zeitungskiosk stehen blieb: wer lächelt mich da vom Titelblatt des frisch erschienenen Stadtmagazins an? Der Til Schweiger, mit seinem Marlboro – Werbelächeln und seinem gut geübtem Schlafzimmerblick. So etwas nennt C.G.Jung „Synchronizität“ und ich bekam es langsam mit der Angst zu tun.
Ich kaufte die Zeitschrift und las aufgeregt das Interview, in der Hoffnung einen Schlüssel zu meinem Traum zu bekommen. Als erstes erfuhr ich, dass Til Schweigers neuer Film schon 20 Millionen Besucher gemacht hat. Ein Erfolg, dass in Deutschland in der Regel nur amerikanische Filme können. Mir wurde klar, dass ich wegen unserer absoluten Gegensätzlichkeit von ihm geträumt habe, unter dem Motto: auch das, was man nicht ist, möchte geliebt werden. Til Schweiger und ich, haben nur zwei Sachen gemeinsam: wir sind beide Menschen und wir machen beide Filme. Danach kommt lange nix mehr. Er ist blond, deutsch, männlich und super erfolgreich. Ich dagegen dunkel, rumänisch, weiblich, bis jetzt ohne – sagen wir mal höflich – durchschlagenden Erfolg. Til Schweiger hat ein sympathisches Identifikationsgesicht, nicht zu viel Ausdruck um das uneingeschränkte projizieren zu stören, während ich schon immer mit einer Fresse durch die Gegend laufe, die Leuten Angst einjagt und schlechtes Gewissen macht. Und wenn ich versuche freundlich zu lächeln, wird nur noch alles schlimmer. Wenn Til Schweigers Gesicht, wie eine Formel 1 Rennbahn ist, mit viel Platz und viel Publikum, dann meins eine kurvige Bergstraße in Albanien, links und rechts der tödliche Abgrund. Nur ab- und an verirrt sich ein verrückter Reisender hierher. Der Til hat vier Kinder. Ich habe eins. Das mag daran liegen, dass er Lebensbejahend ist, während ich schon immer mit morbiden Zügen zu kämpfen hatte.
Er hat Dialogsätze in seinem Film, wie „ Das Coq au vin war vorzüglich.“ „Vorzüglich“ – das ist ein Wort, dass ich noch nie verwendet und das Coq au vin, ein Gericht, dass ich noch nie gegessen habe. Der Pendant zu diesem Satz in meinem Film lautet „ Arschloch, ich habe den ganzen Nachmittag dieses Scheißessen gekocht…“- es geht dabei um Paprikahuhn. Til Schweiger hat seinen Film wegen den schönen Bildern in einem Loft spielen lassen. Ich dagegen kämpfte um meine weiße Rausfasertapete, bis zum abwinken weil das für meine Figuren stimmig sei. Schöne Bilder könne man auch in der Werbung haben.
Und da komme ich allmählich zu unseren Gemeinsamkeiten. Hochmut zum Beispiel. Elitäres sich drüberstellen. Unbedingt gefallen wollen. Andere bekämpfen. (Er bekämpft die Kritiker, ich das Mainstream). Geldgeilheit. Mit dem Unterschied, dass er dafür was tut um viel Geld zu haben, ich dagegen möchte es ohne auch nur einen einzigen, klitzekleinen Kompromiss, für meine hässlichen Bilder und mein ständiges Herumreiten auf Unannehmlichkeiten – möchte ich das. Til Schweiger verführt sein Publikum in dem er langweilige Klischees bedient. Ich erreiche das Publikum gar nicht erst, weil ich eben diese Klischees verweigere. Das Publikum bringt beides nicht weiter. Was es weiter bringen würde, wäre die ganz große Kunst, das Neue und Innovative, das gleichzeitig viele erreicht. Dazu bräuchte es aber beide: den Til Schweiger und mich. Am besten in einer Person.
Der Til, der ist also mein blonder, männlicher Schatten. Sein Schatten dagegen ist gewiss dunkel und weiblich. Wer seinen Schatten integriert, wird unbesiegbar. Das versuche ich jetzt. Und das würde ich dem Til auch gerne ans Herz legen.

*(Raschel-Raschel steht für das rascheln der Drehbuchseiten im Hintergrund).

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2 Antworten auf Mein Schatten ist blond

  1. levi-coupons sagt:

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  2. katja sagt:

    Schaut her:
    Wen Til Schweiger morbide Züge zugeben würde, dann hätte Deutschland ein riesiges Problem. Dann würde Deutschland sich betrogen fühlen. Wo er doch die ganze Zeit seine gutgelaunte Fresse hergezeigt hat und man auch nicht mehr machen muss, als ihn dafür anzuschauen.
    Es gibt noch einen weiteren Unterschied zwischen der Autorin und Til.
    Sie hat keine Angst, einer Emotion auf den Grund zu gucken. Til hingegen geht schön genauso weit, solange man mit-lächeln kann. Dann guckt er weg.
    Genau dafür gibts ne Menge Filmförderung in diesem Land. Für´s Weg Gucken!

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